Analyse

Eine der schwierigsten Aufgaben

Viele Menschen fragen sich, weshalb viele Flüchtlinge es nicht schaffen, sich in die Gesellschaft ihres Gastlandes zu integrieren. Das Problem wiegt schwer, und doch ist es lösbar.


Von Azam Khan, Bangladesch

Azam Khan machte sich in seinem Heimatland Bangladesch einen Namen als regimekritischer Blogger und Journalist. Doch seine wachsende Bekanntheit brachte ihn in Gefahr.


Die Kultur, in der Flüchtlinge aufgewachsen sind, ist völlig anders als in Europa. Wertvorstellungen sind anders und auch die Denkweise. Flüchtlinge haben alles verlassen, was sie kannten, alles, was ihnen wichtig war. Als sie nach Europa kamen, waren sie mutlos und völlig gebrochen.

Und wenn dann noch die Angst vor dem Unbekannten hinzukommt, wird es zu einer der schwierigsten Aufgaben auf der Welt, sich in die Kultur des Gastlandes zu integrieren.

Flüchtlinge kommen aus Gesellschaften, in denen viele europäische Werte in Frage gestellt werden. Wenn sie diesen Konflikt in sich tragen, ist das nicht ihr Fehler. Sie sind so aufgewachsen.

Es ist sehr wichtig, ihnen von Beginn an zu vermitteln, weshalb das Wertesystem anders ist und welche Logik dahintersteckt.

Sie brauchen dies, um einordnen zu können, was sie sehen und fühlen. Nur wer über diese Informationen verfügt, kann seinen eigenen Weg finden.

Andernfalls besteht die Gefahr, sich zu verlieren und auf die schiefe Bahn zu geraten. Leider haben viele Menschen dieses Problem und bleiben manchmal jahrzehntelang in diesem Teufelskreis gefangen

Arbeit finden ist zentral

Wir sehen, was geschieht, wenn Menschen ihr Gastland und dessen Kultur, Bräuche und Normen nicht verstehen: Die Migranten verkehren nur mit Landsleuten und bilden Parallelgesellschaften.

Das ist das Schlechteste, was passieren kann. Dies kann ein hervorragender Nährboden für Radikalismus sein. Beispiele dazu gibt es etwa in den USA, Grossbritannien, Frankreich und Deutschland.

Arbeit zu finden ist einer der wichtigsten Bestandteile der Integration. Viele Flüchtlinge hier finden jahrelang keinen Arbeitsplatz. Sie haben kein Selbstvertrauen mehr und sehen die Dinge negativ. Das zerstört Geist und Hoffnung.

Einer von ihnen (Anm.: der Mitbewohner des Autors) lebt seit drei Jahren ohne Arbeit in der Schweiz. In seinen Augen ist keine Hoffnung mehr. Er hat eine Ehefrau und zwei Kinder im Sudan. In zahlreichen Gesprächen bezeichnet er sich selbst als gescheiterten Ehemann und Vater.

Menschen, die solche Gefühle in sich tragen, sind kaum zu integrieren.

Die lokalen Arbeitgeber und Gewerkschaften könnten eine entscheidende Funktion einnehmen, um das Problem beträchtlich zu verringern. Wir reden über Menschen, die alles verloren haben und sich in einer Kultur wiederfinden, die sie nicht kennen. Das Gastland und dessen Bewohner können hier eine massgebliche Rolle spielen.

Wir sprechen zwar oft über misslungene Integration, aber es gibt auch Beispiele für Flüchtlinge, die sehr erfolgreich waren und einen wunderbaren Beitrag für ihr Gastland leisteten.

Vielfalt kann etwas Gutes sein, denn sie bringt Leute zusammen mit unterschiedlichen Hintergründen, Erfahrungen und Wissen. Daraus können neue Ideen und Innovationen entstehen. Doch das ist nur möglich mit einem gewissen Grad an gegenseitigem Verständnis.


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